Wissensstafette


📌 Allgemeine Hinweise:

Die Wissensstafette ist eine Methode im Wissensmanagement zur systematischen Weitergabe von personengebundenem Erfahrungswissen bei Stellenwechsel oder Pensionierungen. Dabei überträgt eine Person ihr Wissen an eine andere Person (oder ein anderes Team), ähnlich wie bei einer Staffel im Sport. Ziel ist es, Wissen auf eine dynamische Weise weiterzugeben und sicherzustellen, dass die nächste Person mit diesem Wissen effektiv arbeiten kann. Die Wissensstafette ermöglicht einen strukturierten Wissenstransfer, der sich gut in den Arbeitsalltag integrieren lässt.


🎯 Bestimmungsgemäße Verwendung:

  • Wissenstransfer: Transfer von Erfahrungswissen von ausscheidenden Führungskräften oder Experten auf nachfolgende Personen.
  • Wissensbewahrung: Bewahrung von erfolgsrelevantem Wissen bei Stellenwechseln.
  • Externalisierung von impliziten Wissen: Erfassung und Dokumentation von impliziten Erfahrungswissen und Know-how.
  • Dauerhafte Wissenssicherung: Sicherung von personengebundenem und arbeitsplatzbezogenem Erfahrungs-, Fach-, Führungs- und Projektwissen

ℹ️ Hintergrundinformationen zu dem Werkzeug:

Die Wissensstafette wurde von VW-Coaching entwickelt und ist inzwischen ein fester Bestandteil der Wissensmanagementstrategie vieler Unternehmen. Sie basiert auf der Methode des Expert Debriefing und stellt eine Form von moderiertem, dialogischem Wissenstransfer dar. Ein Moderator führt strukturierte Interviews mit dem Wissensgeber und -nehmer durch, unterstützt den Dialog und dokumentiert relevante Wissensgebiete meist visuell in Form von Wissenslandkarten (z. B. Mindmaps). Ergänzende Transfermethoden wie Storytelling oder Lessons Learned Workshops kommen zum Einsatz, um implizites Wissen zu erschließen und langfristig zu sichern. Die Idee der Wissensstafette ist es, Wissen wie ein Staffelholz an Nachfolger weiterzugeben.


🔁 Welche Werkzeuge alternativ verwendet werden können:

  • Expert Debriefing: Eine ähnliche Methode, bei der Erfahrungswissen nach Projektende oder bei Stellenwechsel durch Interviews gesichert. Die Wissensweitergabe erfolgt aber nicht zwingend an nachfolgende Personen.
  • Lessons Learned: Eine strukturierte Sammlung von Erfahrungen, die während und nach einem Projekt gesammelt werden, aber ohne eine formale Expertenrunde.
  • After Action Review (AAR): Eine strukturierte Methode, die darauf abzielt, nach Abschluss einer Aktivität, eines Projekts oder eines Ereignisses die gesammelten Erfahrungen zu analysieren und zu reflektieren

🔧 Welche anderen Werkzeuge unterstützen können:

  • Wissenslandkarten: Zur Visualisierung des vorhandene Know-hows
  • Storytelling: Um Erfahrungen verständlicher zu vermitteln.
  • Protokollierungstools (z.B. OneNote, Google Docs): Zum Festhalten von Gedanken und Ideen während des Debriefings.
  • Mindmappingtools (z.b. Mastermind, Freeplane): Werden häufig zur Erstellung von Wissenslandkarten genutzt.
  • Wissensdatenbanken (z.B. Confluence, SharePoint): Diese können als Repository für dokumentiertes Wissen dienen und unterstützen die Wissensstafette durch die Bereitstellung von referenziertem Material.
  • Kollaborationsplattformen (z.B. Microsoft Teams, Slack): Sie bieten die technische Infrastruktur für den kontinuierlichen Dialog und Wissensaustausch, der während der Wissensstafette erforderlich ist.

👥 Benötigte Personen:

  • Experte / Wissensgebender (ausscheidende Person): Fachperson, die tiefgehende Kenntnisse und Erfahrungen hat und diese weitergibt.
  • Wissensnehmende (ein oder mehrere nachfolgende Personen): Personen, an die das Wissen des Wissensgebenden übertragen werden soll.
  • Moderation: Eine Person, die den Debriefing-Prozess strukturiert, die Diskussion leitet und sicherstellt, dass alle relevanten Themen behandelt werden.
  • Vorgesetzte: Zur Abstimmung der Debriefing Schwerpunkte und Inhalte.
  • Personalabteilung: Zur allgemeinen Abstimmung des Offboarding-Prozesses.

⏱️ Dauer:

Die Dauer einer Wissensstafette variiert je nach Umfang des zu vermittelnden Wissens. In der Regel dauert eine Wissensübergabe zwischen einer halben und zwei Stunden. Für umfangreichere Wissensübertragungen kann die Wissensstafette auch über mehrere Tage oder Wochen hinweg erfolgen, insbesondere bei komplexeren Themen.


🗂️ Benötigtes Material:

  • Frageböden: zur Strukturierung der Interviews.
  • Mindmapping-Software: Software zur Erstellung von Mindmaps zur Visualisierung der Wissenslandkarte.
  • Dokumentationstools: Software wie Word, Google Docs oder Wikis zur Festhaltung und Dokumentation des übergebenen Wissens.
  • Präsentationsmittel: Whiteboards, Flipcharts oder Präsentationen, um Wissen visuell zu vermitteln.
  • Technische Geräte: Computer oder Tablets zur Nutzung von Kollaborationstools und zur Dokumentation in Echtzeit.
  • Arbeitsmaterialien: Alle relevanten Ressourcen, Materialien oder Anleitungen, die während der Wissensübergabe benötigt werden.

🧩 Gerätebeschreibung / Bauplan:

Ablaufmodell: Die 4 Phasen der Wissensstafette:

  1. Vorbereitung
    • Beteiligte festlegen (Wer gibt Wissen? Wer nimmt es auf?)
    • Themenbereiche definieren (Was soll übergeben werden?)
    • Gesprächstermine und Ort planen
    • ggf. Interviewleitfaden anpassen
  2. Erhebungsphase (Erzählen)
    • Die Wissensgeber:in erzählt strukturiert aus ihrem Alltag, über Routinen, Netzwerke, Fallstricke
    • Wissen wird vom Team aufgenommen, nachgefragt und dokumentiert
    • Visualisierung und Beispiele helfen beim Verstehen
  3. Reflexionsphase (Gemeinsames Verstehen)
    • Teammitglieder tauschen sich über das Gehörte aus
    • Erkenntnisse, offene Fragen, Transfermöglichkeiten werden diskutiert
    • Erfahrungen werden gemeinsam eingeordnet
  4. Transferphase (Übergabe)
    • Die Wissensnehmer:in übernimmt die Aufgabe (ggf. probeweise)
    • Klärung offener Fragen
    • Abschlussrunde: „Was nehme ich mit?“, „Was fehlt noch?“

🚀 Inbetriebnahme:

  1. Vorbereitung: Klärung der Ziele und Rahmenbedingungen der Stafette
  2. Identifikation der zu sichernden Wissensgebiete: Lege fest, welche Wissensgebiete und Erfahrungen gesichert und dokumentiert werden sollen.
  3. Auswahl geeigneter Transfermethoden: Wähle aus, mit welchen Transfermethoden einzelne Wissensbereiche gesichert und dokumentiert werden sollen.
  4. Vorbereitung der Interviews und Dokumentationstools: Bereite dich auf die Personen und Debriefing Interviews vor.

⚙️ Bedienung:

  1. Einleitung mit Vertrauen aufbauen: Gespräch beginnen mit persönlichem Einstieg & Zielklärung
  2. Interviews: Durchführung vorbereiteter Einzelgespräche mit Wissensgebenden und Wissensnehmenden durch die Moderation.
  3. Weiterführende Gespräche: Regelmäßige Treffen oder Gespräche zwischen Wissensgebenden und Wissensnehmenden zur gezielten Wissensweitergabe. Nutzung ergänzender Methoden wie Storytelling oder Lessons Learned zur vertieften Erfassung.
  4. Visualisierung: z. B. Prozesse, Abläufe, Netzwerke skizzieren.
  5. Dokumentation: Erfassung der Inhalte, Tätigkeiten und Erfahrungen in Wissenslandkarten o. Ä.
  6. Transfersicherung planen: Langfristige Ablage der Dokumentationen in Wissensmanagement-Systemen zur Nachnutzung. Evaluation und Feedback-Runde zur Wissensstafette.

🔄️ Wartung & Pflege:

  • Regelmäßige Updates: Falls das weitergegebene Wissen Änderungen oder Erweiterungen unterliegt, sollte es regelmäßig aktualisiert und den beteiligten Personen zugänglich gemacht werden.
  • Kontinuierliche Dokumentation: Dokumentiere während der Wissensstafette alle relevanten Erkenntnisse und Praktiken, die während der Übergabe entstanden sind.
  • Nachverfolgung: Überprüfe regelmäßig, ob der Wissensnehmende das erhaltene Wissen erfolgreich anwendet und ob weitere Wissensübergaben erforderlich sind.

🌟 Expertentipps:

  • Interaktive Gestaltung: Die Wissensstafette wird durch aktives Lernen und direkte Interaktion zwischen Wissensgeber und -nehmer am effektivsten. Nutze praktische Übungen und Fallstudien, um das Wissen zu vertiefen.
  • Fokussierung auf praktische Anwendung: Achte darauf, dass das übergebene Wissen in konkreten Anwendungsszenarien getestet wird, um sicherzustellen, dass es korrekt verstanden wird.
  • Klarheit und Struktur: Der Wissensgeber sollte sicherstellen, dass das Wissen in übersichtliche, verständliche Einheiten gegliedert ist. Dies hilft dem Wissensnehmer, das Wissen effektiver zu integrieren.
  • Feedback-Kultur: Fördere eine offene Feedback-Kultur, in der der Wissensnehmer Fragen stellen und Rückmeldungen geben kann, um das Wissensvermittlungsverfahren zu verbessern.

📝 Exkurs: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Expert Debriefings und Wissensstafette

Die Methoden des Expert Debriefings und der Wissensstafette sind eng miteinander verwandt und werden daher häufig synonym verwendet. Beide Methoden haben viele Gemeinsamkeiten. In einigen Punkten unterscheiden sie sich aber auch. Hier ist der Vergleich:

Gemeinsamkeiten:

  1. Zielsetzung: Beide Methoden dienen der Wissenssicherung und des Wissenstransfers. Sie zielen darauf ab, Wissen und Erfahrungen zu sammeln und zu teilen, um die Lern- und Innovationsfähigkeit einer Organisation zu fördern.
  2. Interaktive Formate: Sowohl das Expert Debriefing als auch die Wissensstafette fördern den Austausch von Ideen und die Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmern.
  3. Dokumentation von Erkenntnissen: Beide Methoden beinhalten die Erfassung und Dokumentation von Ergebnissen, um sicherzustellen, dass das gewonnene Wissen für zukünftige Projekte oder Entscheidungen genutzt werden kann. Dabei verwenden beide Methoden strukturierte Interviews und die Erstellung von Wissenslandkarten als zentrale Elemente.
  4. Fokus auf Lernen: Beide Ansätze betonen die Bedeutung des Lernens aus Erfahrungen, sei es aus spezifischen Projekten (Expert Debriefing) oder durch den Austausch von Ideen in Gruppen (Wissensstafette).

Unterschiede:

  1. Ursprung: Expert Debriefing wurden in den 1990er Jahren als allgemeine Methode entwickelt, während die Wissensstafette speziell von VW Coaching entwickelt wurde und auf den Grundlage der Expert Debriefings basiert.
  2. Flexibilität: Expert Debriefing kann auch ohne einen konkreten Nachfolger durchgeführt werden, während die Wissensstafette in der Regel die Anwesenheit des Nachfolgers voraussetzt
  3. Metapher: Die Wissensstafette verwendet explizit die Metapher des Staffelholzes, das weitergegeben wird, was beim Expert Debriefing nicht der Fall ist
  4. Anpassungsfähigkeit: Expert Debriefing wird oft als flexibler und anpassungsfähiger an verschiedene Situationen beschrieben, während die Wissensstafette eher als standardisierter Prozess gilt
AspektExpert DebriefingWissensstafette
ZielgruppeIn der Regel an Experten oder Führungskräfte gerichtet, die spezifische Erfahrungen oder Kenntnisse besitzen.In der Regel an neue Mitarbeiter, Teams oder Nachfolger gerichtet, die grundlegendes Wissen für ihre Aufgaben benötigen.
Kontext und ZeitpunktWird häufig nach einem Projekt oder einer Aktivität durchgeführt, um Erfahrungen und Lernprozesse zu reflektieren und zu analysieren.Findet oft kontinuierlich statt, beispielsweise zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter oder beim Übergang von Wissen zwischen verschiedenen Personen oder Teams.
ProzessFokussiert auf Reflexion und die Analyse vergangener Aktivitäten oder Ereignisse, um aus Fehlern oder Erfolgen zu lernen.Fokussiert auf die aktive Weitergabe von Wissen in strukturierten Sessions, bei denen Wissen von einem Wissensgeber an einen Wissensnehmer übergeht.
Art des WissensMeist reflektiertes Wissen aus spezifischen Erfahrungen (z.B. nach einem Projekt), das durch die Reflexion aufbereitet wird.Oft systematisiertes und praktisches Wissen, das konkret für die Arbeit oder die Rolle des Wissensnehmers von Bedeutung ist.
Form der DurchführungKann als formelle Sitzung oder als informelles Gespräch durchgeführt werden, oft mit Dokumentation und Nachbereitung.Ist häufig in interaktive Übergabeveranstaltungen eingebunden, die regelmäßiger und teilweise weniger formal sind.
Fokus auf Fehler und VerbesserungenStarker Fokus auf die Analyse von Fehlern und Verbesserungspotenzialen, um zukünftige Vorgehensweisen zu optimieren.Weniger Fokus auf Fehleranalyse, sondern stärker auf dem praktischen Wissen, das unmittelbar angewendet werden kann.
Wissensgeber und -nehmerDer Wissensgeber ist meist ein Experte, der über umfassende Erfahrungen verfügt, der Wissensnehmer könnte eine größere Gruppe oder mehrere Nachfolger sein.Der Wissensgeber könnte ebenfalls ein Experte sein, aber auch weniger erfahrene Personen können als Wissensgeber auftreten, um ihr Wissen weiterzugeben. Der Wissensnehmer ist oft eine spezifische Person oder Gruppe, die direkt in den Wissenskontext eingebunden ist.